Eng verbunden mit dem Begriff
Sudetendeutsche ist das Egerland, eine der
bekanntesten sudetendeutschen
Heimatlandschaften im nordwestlichen
Böhmen, dem heutigen Tschechien.
Diese besondere Bekanntheit liegt zum einen
an der Größe, der geographische Nähe zu
Bayern und Sachsen, dem bekannten
Bäderdreieck Karlsbad (Karlovy Vary),
Marienbad (Mariánské Lázně),
Franzensbad (Františkovy Lázně) und
natürlich der namensgebenden
Stadt Eger (Cheb) und nicht zu vergessen
die Eger (Ohře).
Die Eger entspringt im Fichtelgebirge und
erreicht die bayerisch-böhmische Grenze
bei Hohenberg a.d.E.,
wo sie Ihren Weg durch Eger (Cheb), nach
Karlsbad (Karlovy Vary) weiterführt,
um bei Leitmeritz (Litomerice) in die Elbe
zu münden.
Die Egerländer, die heute "Sudeten-
deutsche“ genannten Deutschböhmen,
wurden im 11. und 12. Jhd., als Böhmen Teil
des "Heiligen römischen Reiches deutscher
Nation" war, von den böhmischen Premis-
lidenherzögen und –Königen gerufen, um die
unwegsamen Randgebirge Böhmens urbar
zu machen, Städte zu gründen und zu
besiedeln. Dafür wurden die Egerländer mit
vielen Privilegien ausgestattet.
Sie gehören zum bayerischen Sprachraum
und siedelten bis zu ihrer Vertreibung im
sogenannten weiteren Egerland zwischen
dem nördlichem Böhmerwald, Fichtel- und
Erzgebirge sowie der deutsch-tschechischen
Sprachgrenze in einem geschlossenen
deutschen Siedlungsgebiet von etwa 7.000
km².
Das historische Egerland umfasste Gebiete
größtenteils in Böhmen dem heutigen
Tschechien, zu einem kleinen Teil im
Nordosten Bayerns rund um die Stadt
Marktredwitz (Oberfranken und
Oberpfalz) und dem Vogtland in Sachsen.
Es ist benannt nach der Stadt Eger (Cheb),
die 1061 erstmalig urkundlich erwähnt
wurde und in der 1687 der Barockbau-
meister Balthasar Neumann geboren
wurde.
Die Stadt Eger und das dazugehörende
Landgebiet („historisches Egerland“)
wurden von Kaiser Ludwig dem Bayer im
Jahre 1322 dem König von Böhmen
verpfändet „bei Garantie der völligen
Unabhängigkeit vom Königreich Böhmen“.
Die historische Bezeichnung für das
Egerland ist daher Reichspfandschaft Eger.
Dieses Pfand wurde niemals eingelöst.
Durch alle Wechselfälle der Geschichte ihrer
böhmischen Heimat waren die Egerländer
stets treue Untertanen der Krone Böhmens
und des Reiches, bis die Donaumonarchie
durch das Diktat der Siegermächte des
Ersten Weltkriegs im 20.Jhd. zerbrach.
Der neu geschaffenen Tschechoslowakei,
ebenfalls ein Vielvölkerstaat, unterstellt,
mussten sie, bis zum Münchner Abkommen
1938 und dem Anschluß der deutschen
Gebiete an das Deutsche Reich, um ihr
Deutschtum kämpfen.
Sudetendeutsche wurde nach dem ersten
Weltkrieg zum politischen Sammelbegriff
für alle im deutschen Sprachraum der
böhmischen, mährischen und
schlesischen Grenzgebiete der
Tschechoslowakei lebenden Deutschen,
die durch den Vertrag von Saint-Germain-
en-Laye 1919 zu Bürgern der
Tschechoslowakei wurden.
Mit nur wenigen Ausnahmen zählten die
Egerländer überwiegend zur bäuerlichen
Bevölkerung und so war und ist ihre
Lebensart bis heute bäuerlich geprägt,
was in ihrem Brauchtum, ihrer Sprache,
ihrer Tracht und auch der Volkskunst zum
Ausdruck kommt.
Die Städte deutscher Gründungen machten
hierbei keine Ausnahme und selbst die im
18. und 19. Jhd. aufkommende Industrie
vermochte es nicht, den typischen
Wesenszug des Egerländers zu verändern.
Die Egerländer Mundart gehört zur
bayrischen Sprachfamilie.
Das historische Egerland umfasste Gebiete
in Böhmen, Oberfranken, der Oberpfalz und
dem Vogtland (Sachsen) und weil eine
Landesgrenze nicht gleichzeitig eine
Sprachgrenze ist, wird diese Mundart heute
noch im Sechsämterland und dem Stiftland
gesprochen, während im Teil des
historischen Egerlandes, im heutigen
Tschechien nur tschechisch gesprochen wird.
Die Nachkommen der Egerländer, die auf
ganz Deutschland und Österreich verteilt
wurden, sprechen heute kaum noch die
Egerländer Mundart.
Ihre Umgangssprache ist fränkisch,
schwäbisch, hessisch, sächsisch,
oberbayerisch oder österreichisch.
Auch die Sprache ist ein großer Teil einer
gelungenen Integration.
Die von Maria Theresia erlassene
allgemeine Schulpflicht bewirkte einen
hohen Bildungsstand.
So stammen beispielsweise Johannes von
Saaz (Dichter des "Ackermann aus Böhmen"),
Balthasar Neumann (Barockbaumeister),
Josef Loschmidt (Physiker - Loschmidtsche
Zahl), Franz Metzner (Schöpfer des
Völkerschlachten-denkmals in Leipzig), Josef
Littrow (Astronom – Littrow Mondkrater)
und Hans Tropsch (Chemiker - Fischer
Tropsch Verfahren), um nur einige wenige zu
nennen, aus dem Egerland.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges
legten die Beneš-Dekrete die Grundlage für
die Zwangsenteignung und Vertreibung
von drei Millionen Sudetendeutschen
(90% der Bevölkerung des Egerlandes)
in den Jahren 1945 und 1946.
Die tschechoslowakische Regierung nannte
es: Odsun - zu Deutsch Abschiebung.
Geschichte der Sudetendeutschen
Die Sudentendeutsche
Landsmannschaft heute:
es gibt sie noch, doch die Rolle, die sie früher
einnahm, wird immer kleiner.
Aus der Generation, die noch Krieg und
Frieden - Heimat und Vertreibung erlebt hat,
sind so viele schon verstorben und für die
junge Generation ist die Heimat ihrer Eltern
und Großeltern nun die Fremde.
Heute ist die Sudetendeutsche
Landsmannschaft daran interessiert,
die Erinnerungen zu bewahren und
das Erbe zu erhalten.
Sie waren ein geselliges Völkchen und
verstanden sich ausgezeichnet im
Instrumentenbau.
Noch heute sind uns viele Teile ihres
musikalischen Erbes bestens bekannt:
Der Schornsteinfeger aus Eger / Annamirl -
Polka - Hubert Wolf und die Original
Böhmerländer
Im Egerland geboren, war Hubert Wolf von
Kindheit an mit dem Klang seiner
heimatlichen Klänge vertraut.
Er spielte nicht nach „Egerländer Art“,
sondern original „böhmisch“: Zither, Geige
und Trompete.
Wie Böhmen noch bei Öst’reich war
ein österreichisches Lied aus dem Jahr 1953.
Es erinnert an die Zeit um 1900 als Böhmen
und Mähren noch zur Habsburgermonarchie
gehörten. Im Liedtext hervorgehoben
werden insbesondere die engen
Verbindungen zwischen den Landesteilen
durch Heiratsbeziehungen zwischen Wienern
und Brünnern, kulinarischen („Bafleisch“,
Skubanki) oder sprachlichen Austausch
(Böhmakeln) und wechselseitige Besuche
von Böhmen in Ischl oder Wienern in Prag.
Die Musik stammt von Josef Fiedler,
der Text von Josef Petrak.
Erstmals öffentlich gesungen 1954 von Heinz
Conrads, doch erst durch Peter Alexander
wurde es populär.
Mit zunehmendem Zeitablauf gab es Coverversionen mit
angepassten Jahresangaben („vor 70/80/100 Jahr“), z. B.
von Karl Moik oder Felix Dvorak.
Während Heinz Conrads noch davon sang, wie „halbert
Wien in Prag beim Deutschen Sängertag“ war, heißt es in
späteren Versionen „beim Katholikentag“.
Ernst Mosch, geboren in Zwodau im
Egerland war Musiker, Komponist,
Arrangeur, Jazz-Posaunist und Dirigent.
Er war 1956 Gründer und musikalischer
Leiter der Original Egerländer Musikanten.
Die Geschichte der Egerländer Musikanten
- allesamt aus dem Egerland stammend -
stehen daher auch maßgeblich für
Integration, die gerade in unserer Zeit mehr
denn je ein wichtiger Bestandteil des
Friedens ist.
Ernst Mosch mit seinem Ensemble
verkörpert das musikalische Egerland wie
kaum ein anderer. Seine Werke und sein
Schaffen hier aufzuzählen, würde diesen
Rahmen sprengen.
Zu den wohl berühmtesten Liedern der
Egerländer Musikanten zählen u.A.
Egerland Heimatland, Rauschende Birken und
auch die Fuchsgraben Polka
Und selbstverständlich gibt es noch viele
weitere herausragende Musiker aus dem
Egerland, die es uns verzeihen mögen, hier
nicht eigens namentlich erwähnt zu werden.
Ebenso wie musikalisch, gibt es ein großes
kulinarisches Erbe der Egerländer,
denn die Böhmische Küche ist auch heute
noch ein ganz besonderer Schatz
mit deftigen Hauptspeisen
und süßem Nachtisch.
Doch wo wollen wir beginnen - die
böhmische Rezeptesammlung ist enorm
- bei feinen Sonntagesbraten Knödeln:
Am Sunnta naou da Kirchn, is die Mudda
glei hamganga und haout die Kniadla
gmacht. Dejih hom scho ihra Zeit
braacht, bis se ins Wasser kumma san,
deshalb haouts dejih a ner am Sunnta
gebm.
Kartoffeln, sehr oft einziger Hauptbestandteil
einer Mahlzeit, sind sie in der böhmischen
Küche heute noch allgegenwärtig:
als Pellkartoffeln (gånze Erdöpf’l, Erdöpf’l in
da Montur, kochte Erdöpf’l) dazu etwas Salz,
Butter oder Quark oder Soolzerdöpf’l
(Salzkartoffeln), a’gschnitt’ne Erdöpf’l
(Bratkartoffeln) oder im Eintopf - also
Erdöpfl’n in da Bröih. Als Krönung dienen
Erdöpf‘l im Egerland als Grundlage für
verschiedene Knödel. Ob nun aus gekochten
oder rohen Kartoffeln, mit oder ohne Zugabe
von Mehl oder als eine weitere Variante die
in Fett gebackenen Båchna Knia(d)la
(Gebackene Knödel), im Sechsämterland
Erdöpf’lknia(d)la genannt, im Stiftland nennt
man sie Doodsch und der hochdeutsche
Begriff ist „Kartoffelpuffer“. Aus gekochten
Kartoffeln wird dieses Pfannengerichte
Erdöpf’l-Schooppala, Erdöpf’lbååln oder
Schnäibolln genannt.
Die Böhmischen
Liwanzen - eine
Mehlspeise:
Engs kennts dejih
bestimmt als
Pfannakouchn. Ower Obacht, die
Liwanzen hom ihr eighana Pfanna - a
Liwanzenpfanna. In dera wird affa jede
Liwanzen gleich grouß. Mia Eghalånda
ming des, wenns alle gleich san.
Die Egerländer trugen ihre kulinarischen
Spezialitäten aus der alten Heimat in alle
Welt. Herzhafte oder süße Küche, meist mit
nur wenigen Zutaten zur Köstlichkeit
veredelt. So gibt es Liwanzen auch in den
USA. Dort sind es Cupcakes und so kamen
die Liwanzen als Cupcakes wieder zurück.
„The circle of life“ - der Kreis des Lebens.
Doch welches Gericht einst von wo nach wo
getragen wurde, läßt sich heute nicht mehr
mit Gewissheit sagen.
Was bleibt ist eine nahezu unerschöpfliche
Quelle an Rezepten, die den Weg in Ihre
Küche finden sollten.
Wer gerne süßen Nachtisch mag, wird die
böhmischen Küche lieben. Und Manches,
das Ihnen heute vielleicht selbstverständlich
erscheint, hat seinen Ursprung im Egerland:
1840 erfand Jacob Christoph Rad in der
Zuckerfabrik im mährischen
Datschitz/Dačice den Würfelzucker.
Und wer kennt sie nicht, die in Essig oder
Salz eingelegten Znaimer Gurken oder
Olmützer Quargel, eine Käsespezialität aus
Sauerquark, das Szegediner Gulasch,
Kuchen oder Kipferl, Zwetschgenknödel mit
Zuck/Zimt-Panade …
und so ließe sich
nun die Liste von
Egerländer
Köstlichkeiten
noch beliebig
erweitern.
Haben wir Sie neugierig gemacht, dann
gönnen Sie sich eines der vielen Kochbücher
der böhmischen Küche
und begeben Sie sich auf eine kulinarische
Reise ins Egerland.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Der historische Begriff Regio Egrensis wurde
1990 von der grenzüberschreitenden
Landesplanung reaktiviert.
Euregio Egrensis ist seit 1991 eine
grenzüberschreitende Einrichtung im
Grenzgebiet zwischen Bayern, Böhmen,
Sachsen und Thüringen.
Die Organisation wurde zu einem
Wegbereiter für Zusammenarbeit zwischen
Deutschland und Tschechien.
Neben der Euregio Egrensis haben sich die
grenznahen Orte um das vogtländische
Dreiländereck – Ortschaften des Böhmischen
Vogtlands um Aš und des sächsischen
Vogtlandkreises - zur tschechisch-deutschen
Mikroregion Freunde im Herzen Europas
zusammengeschlossen.
Die Egerländer hinterlassen uns
einen großen Schatz.